AMA GI MAGAZIN
TAMARA ODERMATT
26.10.2025

Strukur und Prinzipien der KomplementärTherapie: eine Übersicht

Symptome „wegzumachen“, ist nicht das Ziel der KomplementärTherapie, sondern Wege zu ebnen – Wege, die Menschen zurück zu sich selbst, zu ihrem Kern und zu ihrem Potenzial führen. Diese Haltung prägt die therapeutische Arbeit von Grund auf.

Die Bergmetapher – Struktur und Orientierung

Die Struktur der KomplementärTherapie lässt sich gut mit einer Bergbesteigung vergleichen:

  • Der Gipfel steht für das positiv formulierte Ziel der Klientin oder des Klienten – das, was sie oder er erreichen möchte.
  • Das Basislager symbolisiert das KT-Ziel – das momentane Arbeitsfeld, welches die Therapeut:in für sich definiert und auf dem sie sich gemeinsam mit dem Klienten, der Klientin bewegt.
  • Die Ausläufer bilden den Boden: die Grundprinzipien der KomplementärTherapie, welche in jedem Schritt spürbar bleiben.

Am Anfang jeder Begleitung steht die Befunderhebung: Im Gespräch, in der Körperwahrnehmung und durch Berührung wird erfasst, was die Klient:in erreichen möchte (Gipfel) und welches der drei KT-Ziele (Selbstwahrnehmung, Selbstregulation oder Genesungskompetenz) primär gestärkt werden soll.

Die vier Foki – Ausrüstung für den Weg

In der konkreten therapeutische Arbeit stehen vier Foki zur Verfügung – sie sind die Ausrüstung, welche Klient:innen auf den Weg zu ihrem Gipfel unterstützt:

  • Ressourcen: alles, was uns stärkt und nährt – innere Haltungen, gelernte Tools, physiologische Abläufe, soziale und natürliche Umfelder.
  • Resilienz: die „Widerstandskraft“ des Nervensystems, die uns hilft, mit Belastungen umzugehen, ohne den Halt zu verlieren.
  • Kohärenzgefühl: das Empfinden, dass das Leben, oder eine bestimmte Situation verstehbar, sinnvoll und handhabbar ist – eine Haltung, welche Opfergefühle in Selbstverantwortung wandeln kann.
  • Empowerment: das Vertrauen in die eigene Wirksamkeit – Menschen werden Expert:innen ihres eigenen Wohlbefindens.

Je nach Prozessphase kann der Fokus wechseln: Mal braucht es Sicherheit und Kraft (Ressourcen), mal Belastbarkeit (Resilienz), mal Sinn und Verständnis (Kohärenz), mal den Mut und das Vertrauen, Eigenverantwortung zu übernehmen (Empowerment).

Grundprinzipien – der Boden, auf dem alles wächst

Die therapeutische Haltung ruht auf klaren Prinzipien, welche die Arbeit lebendig, individuell und einem humanistischen Menschenbild entsprechend gestaltet.

  • Die Beziehung und Vertrauen als Basis jeder Veränderung.
  • Die Lösungsorientierung anhand positiv formulierten Zielen.
  • Der Dialog als Voraussetzung für die Mitgestaltungsmöglichkeit des Menschen auf Augenhöhe.
  • Die Positive Erfahrung, in welcher die Selbstwirksamkeit erfahrbar ist.
  • Der Prozess, welcher den Wandel als nicht-linearen Weg anerkennt.

Vom Erleben zur Integration

Veränderung geschieht in Phasen – in Phasen, welche die therapeutische Arbeit strukturiert: Begegnung, Bearbeitung,Integration und Transfer, sowie in den persönlichen Phasen des Therapieverlaufs eines Menschen. Beiden gemeinsam ist, dass sie nie linear verlaufen.
Ein Beispiel: Eine Klientin kommt wegen Schlafproblemen. Im therapeutischen Prozess zeigt sich, dass hinter der Schlaflosigkeit eine Erfahrung von Verlassenwerden und Alleinsein steckt. (Hier vereinen sich drei Prozessphasen der KT: Begegnen, Bearbeiten und Integration.) Durch die Körperarbeit entsteht Kontakt zu diesen Empfindungen, es entsteht ein Verständnis für die Schlafprobleme, welches ein Gefühl von Kohärenz ermöglicht – ein erster Schritt zu einer grösseren Handlungsfähigkeit.(Integration und daraus resultierender Transfer)
Das Symptom verschwindet damit nicht einfach, aber es wächst das Verständnis für die eigene Situation– und damit öffnet sich die Möglichkeit zur Selbstregulation.

Fazit

KomplementärTherapie ist ein strukturierter, zugleich tief menschlicher und individueller Prozess.
Sie unterstützt Menschen darin, ihre inneren und äusseren Ressourcen zu aktivieren, Widerstandskraft zu entwickeln, Sinn im eigenen Veränderungsprozess zu erkennen und Verantwortung für den eigenen Weg zu übernehmen.
So wird Heilung nicht als „Reparatur“, sondern als Entfaltung verstanden– hin zu mehr Selbstwirksamkeit, Lebensfreude und innerer Freiheit.

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